Beschreibung

Diese hochqualitative Bronzeplastik des Münchner Bildhauers Michael Wagmüller besticht durch eine bemerkenswerte Verbindung von realistischer Körperlichkeit und symbolisch aufgeladener Inszenierung. Wagmüller, der als Vertreter der akademischen Bildhauerei im 19. Jahrhundert wirkte, zeigt hier nicht etwa eine mythologische Figur, sondern eine junge Frau,  eingefangen in einem Moment äußerster Konzentration und innerer Bewegung.

Die Dargestellte sitzt auf einem natürlichen Felsenrelief, den Oberkörper zur Seite gedreht, in einer fast scheuen, aber kraftvoll kontrollierten Haltung. Ihre linke Hand hält ein Tuch vor die Brust, das sich über ihren Körper zieht und in tiefen Falten über den Stein fällt. Der Faltenwurf ist ein zentrales Element dieser Komposition: In barocker Manier wirkt das Gewand fast lebendig, es fließt, staut sich, hebt sich und fällt in dramatischer Plastizität, als wolle es den Rhythmus innerer Erregung spiegeln. Diese meisterhafte Gestaltung der Stofflichkeit hebt Wagmüller auf eine Stufe mit den großen Bildhauern seiner Zeit.

Die hervorragend ausgeführte Bronzeguss-Technik zeigt sich nicht nur in der Faltenbehandlung, sondern auch in der feinen Ziselierung des Haars, der Hautstruktur und der Gesichtszüge. Der leicht gesenkte Blick, das gespannte Zurückdrehen des Kopfes – alles deutet auf ein plötzliches Innehalten hin, auf einen Moment der Aufmerksamkeit, vielleicht sogar des Erkennens.

Dieser Moment wird durch ein kleines, aber bedeutungsvolles Detail verstärkt: Eine Eidechse, am unteren Bereich der Komposition positioniert, hat offenbar die Aufmerksamkeit der jungen Frau geweckt. In der symbolistischen Tradition des 19. Jahrhunderts ist die Eidechse ein vielschichtiges Symbol: Sie steht für Wandlung, für das Unerwartete, für das sich Verbergende und Wiederkehrende. In religiöser oder psychologischer Lesart kann sie auch als ein Zeichen unterdrückter Begierde, verborgener Angst oder unbewusster Erkenntnis gelesen werden.

Die Plastik fängt diesen flüchtigen Augenblick mit einer emotionalen Intensität ein, die über das rein Abbildhafte hinausgeht. Die Nacktheit der Figur ist nicht erotisierend, sondern existenziell, sie steht für Verletzlichkeit, Wachheit und Reaktion. Es entsteht eine Spannung zwischen dem Schutz des Körpers durch das Tuch und dem gleichzeitigen Enthülltsein gegenüber einer unbekannten, möglicherweise symbolischen Bedrohung.

Dieses Werk ist ein hervorragendes Beispiel für die feinsinnige psychologische Figuration des späten 19. Jahrhunderts, die Wagmüller mit technischer Brillanz und großer erzählerischer Kraft umzusetzen vermag. Ein stilles Meisterwerk, das durch seine Details, seine Körperregie und seine suggestive Symbolik tief berührt.

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